ZUM BUCH
Es war eine spontane Idee bei unserer Vorstandsitzung im März des vorigen Jahres, Haiku aus Afrika für unsere jährliche Publikation Lotosblüte zu organisieren. Das führte zu einer regen Korrespondenz mit Afrikanischen Haiku-Autoren, deren Ergebnisse Sie nun, wesentlich eingehender als in der Lotosblüte, in diesem Buch finden.
Hatten wir in diese nur je ein Haiku von allen beteiligten Autoren aufgenommen, so wurde nicht nur das Spektrum erweitert, auch die Vorstellung der Poeten nimmt einen breiteren Raum ein. Hier hatten wir nun genügend Platz, um die Dichter mit ausführlicherem Lebenslauf und vor allem mit einer größeren Anzahl an Texten vorzustellen, mit Haiku, Senryū und auch mit zwei Haibun.
Vertreten sind Poeten aus der arabischen Welt in Nordafrika (Tunesien, Marokko), der weitaus größere Anteil kommt aus Ländern des sog. Subsahara-Raums, aus Ghana, Nigeria, Kenia und Südafrika.
Vorwiegend sind es Poeten, die bereits mehr oder weniger dichterische Erfolge zu verzeichnen haben, aber es finden sich auch einige Neulinge auf dem Gebiet der Haiku-Dichtung. Die Poeten stammen meist aus den sogenannten gehobeneren Schichten, d.h. es sind Poeten, die eine höhere Bildung haben oder anstreben, Studierte bzw. noch oder wieder Studierende.
Erstaunlich war für mich, wie weit die Haiku-Kultur auf dem Afrikanischen Kontinent gediehen ist und wie gut Vernetzung und Kommunikation funktionieren.
Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass es einzelne Persönlichkeiten sind, die viel dazu beitragen, dass die Weitergabe des Wissens von Lehrern zu Schülern erfolgt und dass das Haiku-Spiel am Laufen bleibt...
Sie finden in diesem Buch einige Beiträge zur Geschichte des Haiku auf dem Afrikanischen Kontinent, u.a. die Geschichte des Haiku in Marokko und des Haiku in Kenia.
Überdies gibt es einen Link zu einer umfassenden Geschichte des Afrikanischen Haiku, verfasst von Adjei Agyei-Baah, aus Ghana, der auch den Ausdruck Afriku prägte. Diese Studie ist als free download auf der Homepage des Afrika Haiku Network verfügbar.
Aus der Vielzahl der Haiku haben die Redaktionsmitglieder einige, die ihnen besonders gut gefielen, zur ausführlichen Besprechung ausgewählt. Es wurden vorwiegend inhaltliche Aspekte kommentiert, aber auch formale Kriterien berücksichtigt. Das kann für Sie als Leser ein Anreiz sein, sich noch stärker mit diesen Haiku auseinanderzusetzen, und kann Sie zu Überlegungen anregen, ob Sie diese Haiku auch so gesehen bzw. interpretiert hätten wie die Kommentatoren.
Der zweite Teil des Buches ist Haiku von Mitgliedern der ÖHG gewidmet, die sich zum Kontinent Afrika Gedanken gemacht haben. Von der Redaktion wurde von den eingesandten Haiku jeweils eines von jedem Autor für die Publikation ausgewählt
Schließlich gibt es in dem Buch noch ein reichhaltiges Glossar sowie ein Verzeichnis aller im Buch vertretenen Autoren.
Und – wie auf dem Cover ersichtlich: das Buch ist dreisprachig.
Was mich in diesem Jahr der Kommunikation mit den Autoren aus Afrika so fasziniert hat, ist deren Begeisterung für das Schreiben, nicht nur das Schreiben von Haiku, auch anderer Lyrik, das Schreiben von Romanen, Kinderbüchern.
Außerdem ist den Menschen, die ich kennengelernt habe, ein ungeheurer Bildungshunger zu eigen, wie Sie aus den Biographien ersehen können.
Wie bei uns, pendeln sie oft von ihrem Heimatort zum Arbeits- oder Studienplatz in der Stadt und nehmen dabei täglich lange Autobusfahrten auf sich…
Afrika ist ein Kontinent, der unterdrückt und ausgebeutet wurde, der wieder erstarkt ist, allerdings seinen Frieden noch immer nicht gefunden hat. Für die übrige Welt war Afrika immer wirtschaftlich interessant und ist auch in jüngster Zeit wieder in den Fokus wirtschaftlicher Interessen gerückt.
Afrika ist ein großer Teil unserer wunderbaren und wundersamen Welt, für die meisten von uns wahrscheinlich nur aus Fernsehen oder Internet bekannt. Selbst Reisen in die Länder Afrikas offenbaren nur einen kleinen, meist touristenfreundlichen Ausschnitt aus dem tatsächlichen Leben.
Die Afriku und auch die Haiku/Senryu in diesem Buch sind wie Blitzlichter aus der Sicht der Poeten auf eigene Erlebnisse, Eindrücke, Erinnerungen und Sehnsüchte. Es sind kleine Ausschnitte und kurze Augenblicke aus verschiedenen Teilen Afrikas, die uns die Vielfältigkeit und Einzigartigkeit des Kontinents und seiner Menschen aus ganz persönlichen Blickwinkeln zeigen.
Sie erlauben uns einen Blick auf die Natur, auf Traditionen, auf soziale Gepflogenheiten, auf Gefühle. Sie werden erkennen, dass die Themen nicht viel anders sind als bei uns, nur eben land- und umfeldspezifisch. Sie werden in den Texten Begeisterung, Humor und auch Trauer finden.
Im Haibun von Ahmad Holderness werden Sie mit dem Verantwortungsbewusstsein, aber auch den Ängsten und der Erschöpfung eines Arztes konfrontiert werden, und Sie werden entdecken, dass es bei dem einen oder anderen Poeten Rückbesinnung auf seine Herkunft und Identität gibt.
In dem Beitrag Wie Herzschläge kommen die Autoren mit ihren Gedanken zu Form und Inhalt der Haiku selber zu Wort. Sie werden staunen…
Wenn Sie die Ergebnisse der englisch- und französischsprachigen Haiku-Wettbewerbe und die Publikationen im Internet aufmerksam verfolgen, werden Sie merken, dass die afrikanischen Autoren inzwischen stark präsent sind, Tendenz steigend.
Für das Lesen des hier vorgestellten Buches möchte ich Ihnen empfehlen, so vorzugehen wie beim Öffnen der Kästchen eines Adventkalenders: Lesen Sie die Haiku einzeln, genießen Sie sie langsam und lassen Sie sie nachwirken.
Darüber hinaus möchte ich Ihnen die Biographien der Autoren ans Herz legen, sowie die Links zu den Websites und Blogs, wo es viel zu lernen und zu entdecken gibt:
Da gibt es wunderschöne Haiga von Adjei Agyei-Baah aus Ghana und aufregende Naturfotos von Barnabas I. (Ikeoluwa) Adeleke aus Nigeria, nicht zu vergessen die Publikationen der Autoren.
Enden will ich mit einem Satz aus einem Brief von Adjei Agyei-Baah:
Happy to know what I started in my small closet has started bearing fruits at other places.
Glücklich zu wissen, dass das, was ich in meiner kleinen Kammer begonnen habe, nun beginnt an anderen Orten Früchte zu tragen.
FRANZ ROUBAL
wurde 1889 in Wien geboren.
Seinem Vater, einem Schneidermeister, der in seiner Werkstatt zahlreiche Singvögel und seltene Pflanzen hielt, verdankte er die Liebe zur Natur. Von der Mutter, der Tochter eines Steinmetzmeisters, hatte er möglicherweise die künstlerische Ader.
Eine kaufmännische Lehre konnte ihn nicht begeistern, sein Onkel bewog ihn zum Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Nach kurzer Tätigkeit als Mittelschullehrer widmete er sich ganz der Malerei. Der Schwerpunkt seiner Arbeiten lag in der Darstellung von Tieren. Der Kontakt zu dem Wiener Paläontologen O. Abel verhalf ihm zu zahlreichen Auftragsarbeiten, wie der anschaulichen Wiedergabe prähistorischer Fauna, unter anderem für die Geologisch-Paläontologische Schausammlung des Naturhistorischen Museums in Wien.
Seit 1922 hatte er ein Atelier in Irdning im Ennstal, wo er nach dem 2. Weltkrieg auch ein Zuhause fand und 1967 verstarb.
Das Werk Franz Roubals umfasst, neben Tierplastiken, eine Unzahl an Gemälden, Dioramen, Skizzen aus dem Schönbrunner Tiergarten und Buchillustrationen (Jugendbücher, Naturgeschichtebücher, Brehms Tierleben etc.).